Sippenhaftung vom Feinsten
Bern [ENA] Einer macht sich schuldig, alle haften dafür! Wie weit haben wir es doch gebracht mit unserer neuen, angeblich moralisch legitimierten Einstufung von Freund und Feind. Jemand, mit dem wir noch gestern ordentliche Geschäfte auf Augenhöhe abgewickelt haben, mutiert unversehens zu einem nicht antastbaren Wesen, dem sämtliche positive Eigenschaften, derer er sich früher befleissigt hatte, aberkannt werden.
Dummerweise betrifft die Verschmähung den Bürger eines Landes, das mit seiner Armee ein anderes Land überfallen hat. Auf dieser Basis können wir die Errungenschaften der europäischen Aufklärung gleich ad acta legen. Wenn sämtliche Angehörige einer nunmehr als spinnefeind ausgemachten Nation persönlich haften müssen für die Machenschaften ihrer diktatoriellen Regierung, dann sind wir dereinst, z.B. als Schweizer Bürger, allesamt ebenso mitverantwortlich für die Eingliederung unseres Landes in die Gilde jener Protagonisten, die Russland mittels Wirtschaftssanktionen für ihre imperialen Untaten grossflächig abstrafen.
Ist das die neue feine Art, den überwunden geglaubten Kalten Krieg von 1949-1991 unheilvoll wieder zu beleben? Und mit welcher Logik lässt sich begründen, dass im Einzugsbereich der mit Sanktionen bestraften Nation auch Sportler, Künstler, Geschäftspartner, schlichtweg alle Beziehungen über die Klippe springen müssen im Namen einer Weltordnung, die verbindlich vorgibt, wer ab sofort als Feind zu gelten hat?
Wer die schmachvolle, mit bewaffneten Polizeikräften flankierte Hinderung von über hundert jüdisch aussehenden Passagiere aus New York am Weiterflug nach Budapest durch die Lufthansa aufgrund des Nichttragens einer Maske durch zwei jüdische Personen am 04. Mai mitverfolgt hat, weiss intuitiv, um was es sich handelt: um puren Rassismus! Wenn alle für einen "Fehlbaren" geradestehen müssen, haben wir zudem den Rechtsweg längst verlassen.