
"Leben und Sterben" als medizinethisches Problem
Wien [ENA] Die meisten Menschen, die in den technisch hochentwickelten Zivilisationen leben, werden irgendwann in ihrem Leben mit einer High-Tech-Medizin konfrontiert werden, in der sie Geräten und Apparaten ausgesetzt sind. Aus der körperlichen Selbstvergessenheit, aus dem seligen Stadium der Gesundheit, kann jederzeit, aber mit fortschreitenden Alter sowieso, die Notwendigkeit von wichtigen medizinischen Maßnahmen auftreten.
Das kann die Einnahme einiger Tabletten bis hin zu komplizierten, potentiell gefährlichen Operationen bedeuten, die sogar medizinethische Fragen aufwerfen. Darum geht es auch in dem Buch "Leben und Sterben: Die großen Fragen ethisch entscheiden" von Frau Professor Dr. Alena Buyx, der ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats. In einer Zeit von Reproduktionsmedizin, Organtransplantationen, Gentherapie oder Sterbebegleitung steht das medizinische Establishment immer wieder vor der Situation, dass die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen nicht mehr passen oder dass es noch gar keine Regeln gibt. Denn Euthanasie, Versuche an Menschen oder Missbrauch der Psychiatrie hatten gezeigt, dass der ärztliche Ethos nicht immer ausreicht.
In einem der vielen Fallbeispiele in ihrem Buch lässt die Autorin die Leserschaft an einer äußerst schwierigen Entscheidung in der Akutmedizin teilnehmen. Herr H. liegt nach einer schweren Kopfverletzung in einer Intensivstation und braucht jetzt eigentlich einen neuro-chirurgischen Eingriff, nämlich die Öffnung der Schädeldecke um den steigenden Hirndruck aufzuhalten. Das Ergebnis dieser Operation ist aber unklar und es ist schwer zu sagen, in welchem Zustand Herr H. danach wieder aufwacht. Wird er dauerhaft Pflege brauchen? Wie wird seine Familie mit dieser Situation fertig werden? Für die Medizinethik stellen sich dabei die Fragen nach dem moralisch Gesollten, Erlaubten und Zulässigen und dem Prinzip des Nichtschadens und der Autonomie.